Wirkstoffe der Heilpflanzen | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Heilpflanzen
enthalten Wirkstoffe, die zur Zubereitung von heilenden Hausmitteln
oder Arzneien dienen. Oft werden die ganzen Pflanzen oder Pflanzenteile
getrocknet, zerkleinert und als Tee oder Saft extrahiert. Vielfach werden
auch Giftpflanzen in niedriger Dosierung
eingesetzt.
Die Wirkstoffe oder getrocknete
Teile der Heilpflanze bezeichnet der Apotheker als "Drogen".
Damit sind nicht die suchterzeugenden Rauschmittel gemeint. Die Drogenbezeichnung
in einer Apotheke setzt sich aus dem lateinischen Pflanzennamen und dem
Pflanzenteil zusammen; Calendula flos bedeutet zum Beispiel, dass
die Blüten der Ringelblume gemeint sind.
Die Tabelle gibt eine
Übersicht der am häufigsten verwendeten Abkürzungen bei
Drogen. In der medizinischen Fachliteratur werden für die Wirkungen
der Pflanzen oft Fachausdrücke verwendet:
Diese Tabelle listet
noch lange nicht die vollständigen Möglichkeiten der Wirkstoffe
von Heilpflanzen auf. Einige sind hormonell wirksam, andere stärken
das Herz. Antioxidativa wirken als Oxidationshemmer und besitzen möglicherweise
das Potenzial, Krebs vorbeugen zu können. Ein Aphrodisiakum steigert
das sexuelle Verlangen oder verbessert die Potenz. Zahlreiche Spezialanwendungen
werden hier gar nicht genannt. Heute ist jedes vierte Arzneimittel pflanzlicher
Herkunft.
Die hier vorliegende Abhandlung bezieht sich vor allem auf in Europa wildwachsende und in Gärten kultivierte Heilpflanzen. Sind Nebenwirkungen bekannt oder Kontraindikationen (Gegenanzeigen) angebracht, dann erfolgt unter der Spalte "Heilwirkung" ein Hinweis: Vor dem Einsatz sollte man sich über mögliche Nebenwirkungen informieren und zur Sicherheit einen Apotheker, einen Arzt oder eine beruflich fachkundige Person befragen. Bei bestimmten Krankheiten oder Personengruppen (insbesondere Kleinkinder) besteht die Gefahr von Komplikationen. Die Inhaltsstoffe lassen sich in verschiedene Wirkstoffbereiche untergliedern, hier eine Auswahl der bedeutendsten: Ätherische
Öle (auch etherische Öle)
Ätherische Öle
sind leicht flüchtige und wohlriechende Stoffgemische, die besonders
von den Lippenblütlern
und den Doldenblütlern
ausgesondert werden. Die Öle werden in speziellen Drüsen der
pflanzlichen Blätter hergestellt und im pflanzlichen Gewebe gespeichert.
Mit den Duftstoffen locken die Pflanzen Insekten an oder sie wehren Schädlinge
ab. Ätherische Öle sind gut fettlöslich und lösen sich
nur bedingt in Wasser. Beim Verdampfen bleiben im Gegensatz zu den fetten
Ölen keine Rückstände zurück. Der Siedepunkt liegt
deutlich über dem von Wasser, die Dichte ist meist geringer, daher
schwimmen sie auf dem Wasser. Einige von ihnen sind gut brennbar, dies
erklärt, warum sich Waldbrände in Nadelwäldern oft unkontrollierbar
ausbreiten.
Ätherische Öle lassen sich durch Wasserdampfdestillation, Enfleurage oder Kaltextraktion aus den Pflanzenteilen isolieren (Gewinnung). Chemisch bestehen sie aus Gemischen von Terpenen und aromatischen Verbindungen. Das Grundgerüst eines Terpens leitet sich vom Isopren ab, einem ungesättigten Kohlenwasserstoff mit der Iupac-Bezeichnung 2-Methylbuta-1,3-dien.
Monoterpene werden aus
zwei Isoprenbausteinen aufgebaut, Sesquiterpene aus drei. Sitzen am Grundgerüst
nur Wasseratoffatome, dann hat man es mit einem Kohlenwasserstoff zu tun.
Entsprechend der Substituenten gibt es bei den Terpenen auch Alkohole,
Aldehyde, Ketone, Ether, Carbonsäuren oder Ester. Cyclische Terpene
enthalten im Molekülbau eine Ringstruktur, die sich vom Cyclohexan
ableitet. Der Kohlenwasserstoff Limonen ist (in Form seiner Enantiomere
= unterschiedliche räumliche Anordnung des Moleküls) eines der
am häufigsten vorkommende Monoterpene in Pflanzen. R(+)-Limonen kommt
beispielsweise im Kümmel, im Dill
oder im Koriander vor; S(-)-Limonen findet man
in der Pfeffer-Minze, das Racemat (ein Gemisch
beider Enantiomere) in den Fichtennadeln. Der Alkohol Linalool findet sich
im Lavendel, im Basilikum,
Majoran, Thymian,
Oregano und vielen anderen Gewürz- und Heilpflanzen.
Aromatische Verbindungen
besitzen eine Ringstruktur, die sich vom Benzolring ableitet. Das im Thymian
vorkommende Thymol gehört zu den Phenolen, es ist im reinen Zustand
eine gesundheitsschädliche, ätzende und wassergefährdende
Flüssigkeit. Beim Estragol, das sich im Estragon
oder im Basilikum findet, besteht sogar ein
Verdacht auf eine krebserzeugende Wirkung. Ätherische Öle mit
Estragol dürfen daher nicht in Arzneien verwendet werden. Einige ätherische
Öle gehören zu den Allergenen, sie können Hautreizungen
oder Asthmaanfälle auslösen.
Bestimmte Inhaltsstoffe der ätherische Öle wie die Monoterpene wirken dagegen wiederum krebsvorbeugend oder besitzen eine nachgewiesene Heilwirkung. Ob von der Wirkung der Einzelkomponenten auf die Wirkung der Komposition eines ätherischen Öles geschlossen werden kann, ist nicht eindeutig geklärt. Die ätherischen Öle besitzen einen vielfältigen Wirkungsbereich, so wirken beispielsweise die ätherischen Öle der Kamille ausgesprochen entzündungshemmend, sie werden bei Krämpfen im Magen-Darm-Trakt verordnet. Ätherische Öle werden vielfach als Gewürzstoffe für Speisen, als Duftstoffe in der Parfümindustrie oder in Duftlampen zur Aromatherapie eingesetzt. Alkaloide
Die Alkaloide
stellen eine große Gruppe von pflanzlichen Giftstoffen dar,
die auf das Nervensystem wirken (> chemischer
Aufbau). In äußerst geringen Konzentrationen werden sie
jedoch als Heilmittel eingesetzt, so zum Beispiel das Aconitin des Blauen
Eisenhuts, bei dem die minimal bekannte tödliche Dosis bereits
bei vier Tausendstel Gramm (4mg) liegt. In geringeren Konzentrationen
wirkt es schmerzstillend.Diese Wirkung
besitzt auch das Morphin aus
dem Schlafmohn. Die Wirkung beruht darauf,
dass die Alkaloide von ihrer Struktur her ähnlich aufgebaut sind wie
die Neurotransmitter in den Nervenzellen. Diese biochemischen Stoffe tauschen
Informationen zwischen den Synapsen der Nervenzellen
aus.
Flavonoide
Die Flavonoide gehören
größtenteils zu den gelben oder roten, pflanzlichen Farbstoffen.
Das Wort leitet sich vom lateinischen Wort flavus (gelb, blond)
ab. Flavonoide besitzen in ihrem Molekül zwei aromatische Ringe, die
über eine C3-Kohlenstoffbrücke miteinander verbunden sind (siehe
Xanthohumol unten). Einige Flavonoide sind über eine glycosidische
Verbindung mit einer Zuckerkomponente verbunden (>Glycoside).
Innerhalb der Flavonoide gibt es verschiedene Gruppen, je nach chemischem
Aufbau. Bei den Pflanzen dienen die Blütenfarbstoffe zum Anlocken
von Insekten. Andere Flavonoide wehren Schädlinge ab oder sie schützen
vor der UV-Strahlung.
In Arzneidrogen wirken
die Flavonoide keimtötend und entzündungshemmend oder sie schützen
die Gefäße. Die Flavonoide im Weißdorn
stärken die Herzmuskulatur, sie wirken insgesamt positiv auf die Leistung
des Herz-Kreislaufsystems. Das Xanthohumol, das im Hopfen vorkommt, wirkt
krebsvorbeugend. Quercetin ist ein gelber Farbstoff, der auch für
die Färbung der Ringelblumenblüten verantwortlich ist. In reiner
Form wirkt es toxisch und mutagen (erbgutverändernd). Dem steht seine
Eigenschaft entgegen, dass es eine krebsvorbeugende Wirkung besitzt.
Glycoside
Die Glycoside spalten
sich bei der Zersetzung in ein Zuckermolekül und in einen Nichtzuckeranteil.
In einem Glycosidmolekül ist der Zuckeranteil (Z) über eine glycosidische
Verbindung (über ein Sauerstoffatom) mit einem Nichtzuckeranteil (NZ)
nach dem Schema Z-O-NZ verbunden. Im reinen Zustand
handelt es sich um bitter schmeckende kristalline Substanzen, die auch
toxisch wirken können. Das Herzglycosid Digitoxin des Roten
Fingerhuts ist in geringen Konzentrationen in der Lage, positiv auf
das Herz zu wirken. Bei einer Überdosierung kommt es jedoch zu tödlichen
Komplikationen. Ist die glycosidische Bindung mit einem Flavon verbunden,
handelt es sich um ein Flavonoid. Je nach Verbindung
kommen bei den Glycosiden auch andere Gruppen von chemischen Verbindungen
vor. Bitterstoffe
Bitterstoffe schmecken
bitter und finden meist als magensaft- und appetitanregende Mittel Verwendung.
Es lassen sich keine einheitliche Stoffklassen zu den Bitterstoffen zuordnen.
In der Medizin werden sie eher selten genutzt.Die
ebenfalls zu den Bitterstoffen gezählten Sesquiterpenlactone zeigen
entzündungshemmende Wirkungen. Diese kommen beispielsweise in der
Arnika, im Salbei oder
im Löwenzahn vor.
Gerbstoffe
Gerbstoffe finden sich
als Gerbsäure vor allem in den Rinden, Hölzern und Früchten
vieler Pflanzen, sowie in den Gallen, die durch die Gallwespen verursacht
werden. Gerbstoffe werden zum Gerben von Leder verwendet und bewahren die
Tierhäute vor Fäulnis. Beim Trinken eines Getränks mit hohem
Gerbstoffgehalt – beispielsweise eines tanninreichen Rotweins – entsteht
ein trockenes Gefühl im Mund. Dies beruht auf der Ausfällung
von unlöslichen Eiweißen aus dem Speichel, der dadurch seine
Gleitfähigkeit verliert. Diese Wirkung kann man sich zunutze machen,
wenn man Kapillare oder Zellmembranen abdichten möchte. Daher eignen
sich Gerbstoffe als adstringierende (blutstillende) Mittel, so auch die
Gallotannine des Gänsefingerkrauts oder
des Frauenmantels. Die entstandene Schutzschicht
wirkt entzündungshemmend und reizmildernd. Manche Gerbstoffe wirken
auch krebsvorbeugend.
Schleimstoffe
Schleimstoffe sind meist
zähflüssige, pflanzliche Reservestoffe. Sie gehören zu den
natürlichen Polymeren mit riesigen, verzweigten Makromolekülen.
In einem Makromolekül sind viele kleinere Molekülbausteine zu
sehr großen Molekülen, den Polymeren verknüpft.
Schleimstoffe legen einen
reizmildernden Überzug über entzündete Schleimhäute.
Eine hohe Konzentration an Schleimstoffen findet sich zum Beispiel in den
Samenschalen des Leins, die Samen besitzen eine
sehr hohe Quellfähigkeit. Malvenblüten enthalten bis zu 10% Schleimstoffe.
Zusammen mit den gleichzeitig vorkommenden Malvein, einem Flavonoid, und
den ebenfalls enthaltenen Gerbstoffen besitzen Malvenblüten
einen ausgesprochen schleimhautschützenden Effekt. Eine ähnliche
Wirkung ist auch bei den Lindenblüten vorhanden.
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