Merkmale
Die Große Brennnessel besitzt am vierkantigen Stängel und an den dunkelgrünen Blättern neben kürzeren Borstenhaaren auch Brennhaare. Die Blätter sind länglich-herzförmig zugespitzt, sie werden über fünf Zentimeter lang, der Blattrand ist gesägt. Sie sitzen gegenständig am kantigen Stängel. Die Pflanze ist zweihäusig. Die männlichen Blüten mit ihren gekrümmten und meist vier Staubbeuteln stehen ab, die weiblichen Blüten hängen. Diese haben weißliche, pinselartige Narben. Als Früchte entstehen winzige Nüsse, die durch Reste der Blütenhülle mit zwei Flügeln versehen sind.
Besonderheiten
Die Pflanze hat ein mächtiges und weit verzweigtes Rhizom, über das vegetative Vermehrung möglich ist. Die Brennhaare können mehrere Millimeter lang werden. Sie haben unten einen biegbaren Bulbus, sowie ein hartes, verkieseltes Mittelstück und ein Köpfchen. Bricht bei einer Berührung das Köpfchen an der Sollbruchstelle ab, wird der Brennsaft über die Kanüle des Mittelstücks in die Haut gespritzt. Der Brennsaft enthält zwar ein Salz der Ameisensäure, aber die Ameisensäure selbst ist nicht das Hauptproblem. Histamine, Acetylcholin und Serotonin verursachen die bekannten Hautreizungen und Quaddeln.
Die reifen, männlichen Staubblätter werden durch Windbewegungen zum explosionsartigen Auswerfen der Pollen angeregt. Diese kleine „Wolke“ kann man gut beobachten, wenn die männliche Pflanze bewegt wird. Die pinselartigen Narben der weiblichen Blüten bieten eine große Aufnahmefläche für den Pollen. Die Nussfrüchte mit ihren auch gegen Frost sehr widerstandfähigen Samen werden auf sehr vielfältige Art und Weise verbreitet. Es findet Wind-, Tier- oder Schwimmverbreitung statt. Die Brennnessel ist Wirtspflanze für die Raupen der Schmetterlinge Kleiner Fuchs und Tagpfauenauge.
Verwendung
Bei den Germanen hieß die Brennnessel auch Donnernessel. Sie war nach dem Gewittergott Donar benannt. Das „Verbrennen“ der Haut bei Berührung brachte man in Verbindung mit dem Gott, der Blitze auf die Erde sandte. Nach einem alten Aberglauben, sollen Brennnesselsträuße böse Geister und Hexen abwehren. Man legte sie unter das Vieh oder steckte sie in der Walpurgisnacht auf Misthaufen. In der Antike wurde die Brennnessel als Aphrodisiakum eingesetzt. Dioskurides empfiehlt das Trinken von Wein mit Brennnessel-Samen. Schon im Mittelalter halfen Bäder in frischer Brennnessel gegen Rheuma. Ein Brei von frischen Blättern sollte bei Glatzköpfen den Haarwuchs fördern. Das in den Brennhaaren wirkende Nesselgift erzeugt in Verbindung mit dem Histamin die typischen, stark hautreizenden Quaddeln, daher sind die beschriebenen Anwendungen des Mittelalters mit Vorsicht zu genießen.
In der modernen Medizin ist eine wasseraustreibende Wirkung der Heilpflanze bei Entschlackungskuren nachgewiesen. Die geförderte Harnsäureausscheidung wird durch den hohen Gehalt an Calcium- und Kaliumsalzen verursacht. Die innerliche Anwendung kann bei Entzündungen der Harnwege oder bei rheumatischen Erkrankungen helfen. Die entzündungshemmende Wirkung geht vor allem auf Caffeoylchinasäuren zurück; aber auch andere Wirkstoffe, die sich vor allem in der Wurzel finden, sind daran beteiligt. Das junge Kraut wird von März bis Mai gesammelt und im Schatten getrocknet. Zwei Teelöffel der getrockneten Droge werden mit einer Teetasse kochendem Wasser übergossen und nach zehn Minuten abgesiebt. Brennnesselblätter dienen auch zur Zubereitung von Speisen wie Kartoffelsuppen, Salate oder Gemüse. Die Blätter werden vorher zur Zerstörung der Giftstoffe 15 Minuten lang gekocht.
In der Vergangenheit bekämpften viele Gärtner die Brennnessel zu Unrecht als Unkraut. Ihr Wachstum kann aber die Qualität des Bodens verbessern. Erwähnenswert ist die Anwendung von Brennnesseljauche im Garten: Sie dient zur Düngung von Pflanzen und wehrt Schädlinge wie Blattläuse ab.
Verbreitung und Gefährdung
Die Pflanze ist durch ihre erfolgreichen Ausbreitungsmechanismen sehr hartnäckig, ihr Bestand ist nicht gefährdet.
Vergleich mit anderen Arten
Die Kleine Brennnessel Urtica urens L. ist eine einjährige und einhäusige Pflanze. Die Blätter erscheinen etwas rundlicher, es sind nur Brennhaare, keine Borstenhaare vorhanden. Andere Brennnessel-Arten treten in Mitteleuropa nur regional auf, zum Beispiel die Sumpf-Brennnessel Urtica kioviensis Rogow. an der Elbe oder die Auen-Brennnessel Urtica subinermis (R. Uechtr.) Hand & Buttler am Rhein und an der Donau. Die Goldnessel oder Taubnessel-Arten wie die Gefleckte Taubnessel haben zwar ähnliche Blätter, sie besitzen aber keine Brennhaare und die Blüten sind völlig verschieden.
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