Heilpflanzen und Kräuter verarbeiten |
Die
hier vorgestellten Rezepte sind ausschließlich als Anregung zur Durchführung
eines Kräuterprojekts im Unterricht anzusehen.
Heilpflanzen und daraus hergestellte Arzneien und Medikamente dürfen
nicht ohne Lizenz vermarktet werden. Vor der eigenen Anwendung sollte man
einen Apotheker befragen.
Schon seit dem Altertum
werden aus den Heilpflanzen und Kräutern einfache Aufgüsse oder
Tinkturen hergestellt. Von Bedeutung sind auch Kochrezepte für Speisen
und Gerichte, die mit natürlichen Kräutern versehen werden. Die
Herstellung von Salben, Kapseln oder Tabletten ist aufwändiger. In
modernen Arzneien dürfen problematische Inhaltsstoffe, die nicht zugelassen
sind - beispielsweise das krebserzeugende Estragol aus dem Basilikum
oder die leberschädigenden Pyrrolizidinalkaloide des Beinwells
- nicht mehr enthalten sein.
Aufguss Die einfachste Form einer Zubereitung stellt der Aufguss oder der Tee dar. Der Aufguss mit dem Pflanzenmaterial wird im heißen Wasser bis zu 10 oder 15 Minuten in einem Glas- oder Porzellangefäß ziehen gelassen, danach entfernt man das Material durch Abseihen (Sieb). So werden die festen Bestandteile entfernt. Beim Aufguss lösen sich wasserlösliche Bestandteile wie die Flavonoide, Schleimstoffe oder Gerbstoffe und bestimmte Aromastoffe. Ein Nachteil ist, dass ein großer Teil der ätherischen Öle nicht gelöst wird. Aufgüsse sind nicht länger als ein Tag haltbar, sie werden am besten sofort und noch heiß getrunken. Abkochung
Bei der Abkochung wird
hartes Pflanzenmaterial wie Wurzeln, Rinden oder Samenkörner in einem
Edelstahltopf oder in einem hitzebeständigen Kochtopf aus Glas bis
zu 20 Minuten lang im kochenden Wasser gekocht. Nach dem Abseihen erhält
man die Abkochung. So lassen sich beispielsweise Tannine extrahieren. Abkochungen
eignen sich zum Gurgeln oder für Mundspülungen. Sie sind höchsten
zwei Tage haltbar. Bei der sanften Abkochung wird das Material nur kurze
Zeit gekocht.
Saft
Einen Saft erhält
man durch das Auspressen von Beeren oder pflanzlichem Material mit Hilfe
einer Saftpresse. Bei der Kaltpressung bleiben Vitamine und Nährstoffe
vollständig erhalten. Säfte kann man etwa eine Woche aufbewahren,
sie müssen kühl gelagert werden.
Sirup
Bei der Sirupherstellung
wird ein Aufguss oder eine Abkochung
mit mindestens 50% Zucker vermischt. Manche Sirupe enthalten auch Honig.
Dies hat den Vorteil, dass der bittere Geschmack einer Arznei überdeckt
wird. Ein Sirup wirkt hustenlindernd. Typische Beispiele sind Sirupe
des Spitzwegerichs oder des Thymians.
Zur Herstellung eines Spitzwegerichsirups werden beispielsweise 10g Spitzwegerichblätter
mit 200ml Wasser aufgekocht. Nach dem Absieben gibt man in die abgekühlte
Abkochung 70ml Honig und rührt gut um.
Tinktur
Zur Herstellung einer
Tinktur wird zerkleinertes Pflanzenmaterial in eine wässrige Alkohollösung
gelegt. Die Alkoholkonzentration variiert je nach Material zwischen 30
und 90 Volumenprozent. Bei einer solchen Extraktion lösen sich sowohl
die wasserlöslichen als auch die alkohollöslichen Stoffe in der
Tinktur. Tinkturen besitzen eine hohe Wirkstoffkonzentration und sind mindestens
ein Jahr haltbar.
Zur Herstellung einer
Tinktur füllt man ein steriles und gesäubertes Glas mit
Verschlussmöglichkeit oder ein Einmachglas zur Hälfte mit dem
pflanzlichen Material. Dann wird das Glas bis knapp unter den Rand mit
Wodka oder Doppelkornschnaps (etwa 40 Vol%) aufgefüllt. Das Glas wird
verschlossen und zwei bis sechs Wochen lang an einem warmen Ort stehen
gelassen. Dabei färbt sich die Tinktur allmählich dunkel. Die
Tinktur sollte von Zeit zu Zeit umgerührt werden. Am Ende wird sie
durch einen Kaffeefilter oder ein Baumwolltuch filtriert, das Filtrat füllt
man in eine dunkle Flasche. Die Beschriftung mit Name und Datum darf nicht
vergessen werden. So lassen sich Tinkturen der Schafgarbe,
der Ringelblume, der Kamille,
des Johanniskrautes oder des Holunders herstellen.
Ölmazeration
Bei der Ölmazeration
werden angetrocknete oder trockene Pflanzenteile in pflanzlichen
Ölen eingeweicht. Dabei lösen sich fettlösliche Bestandteile
und Aromastoffe im Öl. Es wird empfohlen, die benutzten Flaschen vorher
mit Spülmittel und kochend heißem Wasser zu reinigen und danach
vollständig zu trocknen.Zum
Herstellen eines scharfen Knoblauchöls werden zwei rote Chili-Schoten
aufgeschlitzt und zusammen mit drei grob geschnittenen Knoblauchzehen in
eine 400ml-Flasche mit Olivenöl oder Distelöl gegeben. Damit
sich kein weißlicher Flaum aus Schimmel bildet, wird das Öl
vorher kurz auf 70°C erhitzt. Wichtig ist, dass die Flaschen absolut
frei von Feuchtigkeit sind und sie luftdicht verschlossen werden können.
Im Laufe der Wochen wird der Geschmack des Öls immer intensiver. Man
kann damit (zusammen mit Petersilie) ein leckeres Nudelgericht kochen.
Nach dem Benetzen mit wenig 96%igem Alkohol werden die Ringelblumenblüten zwei Wochen lang im Jojobaöl mazeriert. Zur Herstellung eines
Ringelblumenöls werden 10g getrocknete Ringelblumen
(Zungenblüten) mit 5ml Weingeist (96 Vol% Ethylalkohol) benetzt und
eine halbe Stunde stehen gelassen. Über die Mischung gibt man 200ml
Jojobaöl. Es handelt sich hierbei um ein vitaminreiches und hautpflegendes
Pflanzenwachs, das aus den Samen des Jojobastrauchs gewonnen wird. Nach
zwei Wochen wird das Öl abgegossen und in ein Fläschchen umgefüllt.
Es kann zur Behandlung von Hautrissen, kleineren Verletzungen oder bei
spröder Haut eingesetzt werden. Es gelten die gleichen Regeln zur
Hygiene wie bei der Herstellung eines Kräuteröls.
Cremes und Salben
Salben beinhalten Öle
oder Fette, die auf der Haut eine wasserabweisende Schutzschicht bilden.
Eine Creme stellt eine Emulsion aus Wasser und Öl dar. Sie spendet
der Haut Feuchtigkeit. Zur Herstellung einer Creme ist die Zugabe eines
Emulgators notwendig, der die Öl- und Wasserphase zusammenbringt.
Salben auf reiner Fett- und Ölbasis benötigen nicht unbedingt
einen Emulgator. Salben und Cremes bewahren Wirkstoffe, die in die Haut
einziehen. Sie sind nur begrenzt haltbar. Daher sind sie oft mit Konservierungsstoffen
versetzt. Der Wirkstoffauszug in Salben basiert auf einer Ölmazeration.
Rohstoffe zur Herstellung einer einfachen Ringelblumensalbe 100 ml Olivenöl, 20g Bienenwachs, 5g Ringelblumenblüten Zur Herstellung einer
einfachen Ringelblumensalbe erwärmt man
100ml Olivenöl in einem 250ml- Becherglas auf maximal 70 °C und
löst darin 20g Bienenwachs durch ständiges Umrühren auf.
Dann gibt man soviel dunkelgelbe Ringelblumenblüten hinzu (ca. 5g,
max. bis 10g), bis eine noch gut rührbare Mischung entsteht. Das Gemisch
wird abgedeckt und mehrere Tage stehen gelassen. Die Masse erstarrt sofort
nach dem Abkühlen.
Nach der Ruhezeit erwärmt
man erneut, bis das Gemisch flüssig wird und filtriert durch ein Baumwolltuch.
Die entstehende Ringelblumensalbe wird noch heiß, in flüssiger
Form, in kleine Gefäße abgefüllt und nach dem Erstarren
mit einem Etikett versehen. Diese Salbe eignet sich wie das Ringelblumenöl
zur Behandlung von kleineren Wunden. Dabei ist zu beachten, dass die Salbe
ohne Konservierungsstoff nur wenige Wochen haltbar ist. Man kann ein paar
Tropfen eines Konservierungsstoffs wie er im Kosmetikrohstoffhandel erhältlich
ist einsetzen. Es muss sauber gearbeitet werden! Sämtliche Gefäße
werden vor dem Abfüllen mit heißem Wasser gesäubert und
sorgfältig getrocknet. Die Salbe eignet sich zur Behandlung bei Verbrennungen,
Ekzemen und Schürfwunden.
Ätherische Öle Für die Gewinnung von ätherischen Ölen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Bei der Wasserdampfdestillation reißt Wasserdampf die ätherischen Öle mit sich. Dies wird durch das Einleiten von Wasserdampf in das pflanzliche Material erreicht. In der Schule kann man mit einer einfachen Apparatur Lavendel- oder Rosmarinöl herstellen. Der mittlere Erlenmeyerkolben sollte mindestens 500ml umfassen. Nach dem Abkühlen schwimmt das ätherische Öl in der Vorlage auf dem Wasser, es wird mit einer Pipette abgezogen. In einer Lavendeldestillerie
werden die Lavendelblüten (oder Lavandinblüten)
in einen Kessel gefüllt, der in ein Wasserbad getaucht wird. Das Wasserbad
wird mit bereits verarbeitetem Stroh der Lavendelpflanze beheizt. Der beim
Verbrennen des Strohs entstehende Rauch ist mit Lavendeldampf gesättigt.
Der im Kessel aufsteigende Wasserdampf reißt das im Lavendel enthaltene
Duftöl mit.
Die Dämpfe werden
durch eine Kühlschlange (im Kühlbottich) geleitet. Dort kondensiert
das Öl, das noch mit Wasser vermischt ist. Da das Öl auf dem
Wasser schwimmt, kann man es abdekantieren. Das so gewonnene Öl duftet
sehr stark, es dient zur Herstellung zahlreicher Duftessenzen und Parfüms.
Empfindliche Öle
wie die von der Rose, der Tuberose, dem Jasmin oder dem Veilchen werden
mit Hilfe der Enfleurage gewonnen. Man kann einen Bilderrahmen aus Holz
nehmen, die Rückwand abbauen und die Glasplatte 1cm dick mit frischem
Kokosfett bestreichen; hierfür ist ein Holzspatel geeignet. Dann werden
stark duftende Rosenblüten mit einer Pinzette darauf gelegt und leicht
angepresst, der Rahmen wird mit einer weiteren Glasplatte abgedeckt. Immer
nach 1-2 Tagen erfolgt ein Austausch der Blüten. Nach vier bis sechs
Wochen (max. bis zu 3 Monate) wird die mit dem Duft gesättigte Pomade
mit dem Holzspatel abgekratzt und in ein dicht verschließbares Glasgefäß
gegeben. Es kommt etwa die doppelte Menge an Weingeist (96%iger Alkohol)
dazu, dann wird kräftig umgerührt. Nach weiteren zwei bis drei
Wochen sind die Duftöle in den Alkohol übergegangen. Nach einer
Filtration erhält man ein Rosenparfüm, das übrige Fett kann
zur Herstellung einer Creme verwendet werden.
Das heute am häufigsten
angewendete Verfahren zur Gewinnung von ätherischen Ölen ist
die Kaltextraktion. Hierbei werden die Blüten mit Lösungsmitteln
wie Ether oder einem Kohlenwasserstoff vermischt, wobei sich die ätherischen
Öle im Lösungsmittel lösen. Da man bei niedrigen Temperaturen
arbeiten kann, bleiben die Duftstoffe weitgehend erhalten. Aufgrund der
unterschiedlichen Siedepunkte des Lösungsmittels und der ätherischen
Öle kann man letztere relativ leicht wieder vom Lösungsmittel
abtrennen.
Bei der Kaltpressung werden die ätherischen Öle zusammen mit anderen flüssigen Inhaltsstoffen aus dem Pflanzengut ausgepresst und danach extrahiert oder abdekantiert. In einem einfachen Schulversuch lassen sich ätherische Öle aus Zitronen- oder Orangenschalen gewinnen. Von mehreren unbehandelten und ungewachsten Zitronen werden die Schalen abgeraspelt, danach gibt man das zerkleinerte Material in ein stabiles Teesieb aus Metall und presst durch kräftiges Drücken mit einem Teelöffel darauf, so dass gelbliche Tropfen ausgepresst werden. Gibt man diese in ein schmales, hohes Reagenzglas, trennt sich nach mehreren Tagen ätherisches Öl ab, das auf dem Wasser schwimmt; dieses kann man mit einer Pipette abziehen. Kapseln und Tabletten
Kapseln enthalten das
pflanzliche Material in gepulverter Form oder es werden getrocknete Extrakte
verwendet. Im Handel sind leere Gelatinekapseln erhältlich, die man
selbst befüllen kann. Allerdings ist hierbei Vorsicht geboten, denn
manche Pflanzenpulver können allergische Reaktionen oder Reizungen
auslösen. Bei Tabletten werden pflanzliche Pulver oder Extrakte mit
Hilfs- und Zusatzstoffen versehen und portionsweise gepresst.
Gefriertrocknung
Bei diesem Verfahren
erfolgt das Trocknen der Kräuter schonend durch Tiefkühlung und
nachfolgende Sublimation. In speziellen Kammern werden die Kräuter
zunächst tiefgefroren. Durch das Anlegen eines Vakuums sublimiert
der gefrorene Wasseranteil, das Eis geht direkt in den gasförmigen
Zustand über. Bei der Gefriertrocknung von Kräutern und Gewürzen
bleiben die ätherischen Öle erhalten.
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Copyright: T. Seilnacht |