Schlaf-Mohn, Papaver somniferum L.
Mohngewächse, Juni bis August, 40 bis 50 cm
GiftpflanzeBild vergrößern!ZoomBild vergrößern!Zoom
Vorkommen  Mittel- und Südeuropa; kultiviert in Gärten
Wirkstoffe  Morphin, Codein, Thebain, Papaverin und Narcotin in Kapselfrucht, und Pflanze mit Ausnahme der Samen
Merkmale  Pfahlwurzel; Stängel unverzweigt; Blätter gesägt, bis 15cm lang; Blüte mit vier großen weißen bis violetten Kronblättern; große Kapselfrucht mit vielen Samen

Botanik
Die Pflanze besitzt eine starke Pfahlwurzel und einen Stängel, der in der Regel nicht verzweigt ist. Die graublauen Laubblätter sind länglich-eiförmig geformt und leicht gesägt. Auf dem Stängel sitzt eine Blüte mit vier Blütenblättern, die unterschiedlich gefärbt sein können. Meist sind sie lilafarben, es kommen aber auch weiße, rosafarbene, bläuliche, purpurne, rote oder fast schwarze Exemplare vor. Aus dem Stempel entwickelt sich eine große Fruchtkapsel, die bis zu sechs Zentimeter groß wird. Eine Kapsel enthält bis zu 2000 kleine, nierenförmige Samen. In der Kapsel, aber auch in den anderen Teilen der Pflanze fließt ein opiumhaltiger, weißer Milchsaft. In den reifen Mohnsamen befinden sich die Wirkstoffe nur noch in sehr geringen Mengen. Im botanisch verwandten Klatsch-Mohn sind keine opiumhaltigen Stoffe vorhanden.

Geschichte
Schlaf-Mohn wurde vermutlich schon in der jüngeren Steinzeit angebaut und kultiviert. Umfangreiche Samenfunde bei den Pfahlbauern belegen die Bedeutung des Schlaf-Mohns als Nahrungs- und Rauschpflanze. Die Germanen legten große Mohnäcker an. Die Mohnfelder hießen bei den Germanen „Odainsackr“, sie galten als Genesungsstätten. In der Antike bezeichnete man den Milchsaft als „Tränen des Mondes“ oder als „Tränen der Aphrodite“. Die erste Erwähnung findet die Pflanze bereits bei den Sumerern um 3000 vor Christus. Im Illias des Homers wird der Schlaf-Mohn als Vergessenheitstrank eingesetzt („Nepenthés“). Das Wort Opium leitet sich vom griechischen Wort opion ab („Milchsaft“). Die Römer benützten einen opiumhaltigen Schlummertrunk, der auch als Schmerzmittel eingesetzt wurde. Die Wirkung des Mohns war auch den Galliern und den Wikingern bekannt. Im 3. Jahrhundert nach Christus benutzte der chinesische Arzt Hua To das Opium als Narkotikum für chirurgische Operationen.

Der arabische Arzt Avicenna (980–1036) besaß den Übernamen „Vater des Schlafes“, da er ebenfalls die Wirkstoffe des Mohns als narkotisierendes Mittel benutzte. Im alten Peking verwendete man im 15. Jahrhundert die Wirkstoffe als Aphrodisiakum. Im 16. Jahrhundert erfand der englische Arzt Thomas Sydenham die Laudanum-Tinktur, eine Mischung aus Opium, Safran, Zimt, Nelkenpulver und spanischem Wein. Das Laudanum war bis in das 19. Jahrhundert ein universelles Heilmittel und wurde aber auch als Rauschdroge benutzt. Dem deutschen Apothekergehilfen Friedrich Wilhelm Sertürner (1783–1841) gelang im Jahre 1804 in Paderborn die Gewinnung von reinem Morphin aus dem opiumhaltigen Saft des Schlaf-Mohns. In den beiden Opiumkriegen von 1839 bis 1842 und 1856 bis 1860 ging es um wirtschaftliche Interessen der Engländer gegenüber dem Kaiserreich China. Die Engländer importierten große Mengen an Opium nach China mit der Absicht, die chinesische Bevölkerung von der Droge abhängig zu machen und damit die chinesische Wirtschaft zu schädigen. Dies stieß bei den Chinesen auf entschiedene Ablehnung. Nach Beendigung der Kriege und der Besetzung Pekings durch westliche Kolonialmächte wurde der chinesische Kaiser zu einem Vertrag gezwungen, der den Opiumhandel in China legalisierte. In den 1920er-Jahren nahm der Genuss von Opium als Rauschdroge in einem solchen Umfang zu, dass ein weltweites Verbot eingeführt wurde. Seither wird es nur noch im Verborgenen konsumiert oder dient zur illegalen Herstellung von Heroin.

Drogengewinnung
Kurz nach dem Verblühen enthält die Kapsel am meisten des opiumhaltigen Milchsaftes. Man bezeichnet den Saft auch als Latex. Beim Ritzen mit einem Messer fließt der Saft heraus, der an der Luft relativ schnell braun wird und sich zu einer klebrigen Masse umwandelt. Am nächsten Tag kratzt man die Masse ab. So erhält man pro Kapsel etwa 20 bis 50 Milligramm Rohopium. Das Rohopium kommt als braune, rundliche Stücke oder als Pulver in den illegalen Handel. Zur Gewinnung von einem Kilogramm Opium werden mindestens 20000 Mohnkapseln benötigt. In der Antike, aber auch in Indien wurde das Opium alkoholischen Getränken zugesetzt. Im Orient drehte man aus dem Opium Kügelchen zum Verschlucken und setzte noch andere Substanzen wie Haschisch zu. Opiumdämpfe wurden auch in Räucherwerk eingesetzt, zum Beispiel in Kreta um 1300 vor Christus inhalierten die Seherinnen des Orakels Opiumdämpfe. Bei vielen Kulturen wurde das Opium bei rituellen Handlungen eingesetzt. Oft rauchte man das Opium auch zusammen mit Tabak.


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Zoom Morphiumspritzen aus dem 2. Weltkrieg

Wirkstoffe und Vergiftung
Als Opium bezeichnet man den getrockneten Milchsaft des Schlaf-Mohns, der mindestens 9,5 Prozent des Wirkstoffes Morphin enthält. In der Medizin wird das Morphin auch Morphium genannt. Neben dem Morphin befinden sich 30 verschiedene Opium-Alkaloide im Rohopium. In reiner Form bildet das Morphin farblos glänzende Nadeln, die in Wasser schlecht und in Alkohol gut löslich sind. Das Morphium dient in der Medizin als Analgetikum bei starken Schmerzen. Die wirksame Dosis liegt bei etwa zehn Milligramm. Bei Herzinfarkten nimmt der Wirkstoff dem Patienten die akute Todesangst. Morphium wirkt beruhigend auf das Atem und Herzzentrum und erzeugt eine positive Stimmlage. Bei höheren Dosen erreicht man einen narkoseähnlichen Zustand. Bei mehr als 50 Milligramm besteht die Gefahr eines Atemstillstandes. Das ebenfalls im Opium enthaltene Codein wirkt hustenstillend. Das Papaverin führt zu einer Erschlaffung der Muskulatur und wirkt krampflösend, besonders im Magen-Darm-Bereich. Das Narcotin verstärkt die narkotisierende Wirkung des Morphins.


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ZoomAlkaloide des Schlaf-Mohns und des Tabaks im Vergleich


Die zunächst als wohltuende empfundene seelische Ruhe und Ausgeglichenheit wird bei längerem Gebrauch nur noch durch eine Steigerung der Dosis erreicht. Dies führt bei längerem Gebrauch zu einer körperlichen Abhängigkeit. Die Gefahr einer Abhängigkeit besteht vor allem beim Genuss von Heroin, da dieses im Körper zu Morphin abgebaut wird. Das Weglassen des Wirkstoffes bei einer abhängigen Person, dem Entzug, führt zu einem Zustand großer Erregung, der sich durch Aggressivität, Ruhe- und Schlaflosigkeit, sowie durch vegetative Erscheinungen wie Schwitzen und Erbrechen auszeichnet.

Vergiftungsfälle durch frische Pflanzenteile sind wenig bekannt. Allerdings kommen Überdosierungen beim Drogengenuss öfters vor. Die Symptome sind Schwindel, Erbrechen, Erschlaffung, Bewusstlosigkeit und schwere Atemnot. Ein besonderes Merkmal ist eine charakteristische Pupillenverengung. Der Tod tritt durch eine zentrale Atemlähmung ein.

Gegenmaßnahmen
Bei Vergiftungen ist sofort eine Giftzentrale anzurufen. Die entsprechende und je nach Land gültige Giftnotrufnummer sollte immer beim Telefon bereitliegen. Ist diese nicht bekannt, kann man auch einen Arzt oder eine andere Notfallnummer anrufen. Allgemein sind betroffene Personen hinzulegen und warm abzudecken. Wichtig ist, dass sie sich ruhig verhalten und sich nicht unnötig bewegen. Entsprechende Maßnahmen zur gezielten Bekämpfung der Vergiftung sollte nur ein Arzt oder ein Rettungssanitäter durchführen.

Ist der Patient bei vollem Bewusstsein, wird eine Magenspülung durchgeführt oder ein Abführmittel verabreicht. Befindet er sich im Koma, dürfen keine Brechmittel geschluckt werden. Hier wird der Wirkstoff Naloxon als Gegengift eingesetzt. Das Naloxon führt bei abhängigen Personen jedoch zu Entzugserscheinungen. Er wandelt das Morphin zu einem harmloseren Stoff um. Bei Aussetzen der Atmung wird eine künstliche Beatmung durchgeführt, bei Kreislaufversagen kommen kreislaufbelebende Mittel zum Einsatz.

Hinweis: Die dargestellten Notfallmaßnahmen stellen keine Handlungsempfehlungen für medizinische Fachkreise dar, da die vorliegende Publikation zum Einsatz im Biologieunterricht gedacht ist.


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