Merkmale
Das Echte Johanniskraut ist auch unter dem Namen Tüpfel-Johanniskraut bekannt. Es besitzt einen Stängel mit zwei hervorstehenden Längsleisten, er ist innen markig gefüllt und oben reich verzweigt. Die eiförmig-elliptischen bis linealen Blätter sitzen kreuzgegenständig. Sie zeigen in der Durchsicht viele helle Punkte und auch einige schwarze Punkte. Die Blüten bilden Dichasien als Blütenstand. Die fünf gelbgrünen Kelchblätter sind lanzettlich und am Ende zugespitzt. Die fünf gelben Kronblätter sind drei bis viermal länger und auch breiter, sie sind auf einer Seite gezähnt und weisen dort schwarze Punkte auf. Sie verfärben sich beim Zerreiben blutrot. Es sind ein oberständiger Fruchtknoten und im Durchschnitt 80 Staubblätter vorhanden, die um den Fruchtknoten in drei Büscheln zusammenstehen. Die Staubbeutel umgeben ein Gewebe mit Öldrüsen, das durch die enthaltenen ätherischen Öle fast schwarz erscheint. Als Frucht entsteht eine schmale, dreifächerige Spaltkapsel.
Besonderheiten
Nach einem alten Volksglauben sprach man dem Johanniskraut eine besondere Heilkraft zu, wenn es am Johannistag, dem 24. Juni, geerntet wurde. Kurz davor findet die Sonnenwende im Sommer statt. Daher rührt der alte Name „Sonnenwendkraut“. Dies hat aber nicht nur eine kultische Bedeutung, sondern auch eine praktische: Das Johanniskraut benötigt sehr viel Sonne, damit die Ölbehälter in den Blüten und Blättern ausgebildet werden. In Gewebslücken der gelben Kronblätter ist Hypericin enthalten, das beim Zerreiben an der blutroten Farbe erkennbar ist. Dadurch werden pflanzenfressende Insekten ferngehalten. Die Bestäubung erfolgt durch Wildbienen und Schwebfliegen. Die winzigen Samen werden hauptsächlich durch den Wind verstreut. Das Johanniskraut ist ein Hemikryptophyt: Es überdauert den Winter mit Hilfe der Erneuerungsknospen am Grund des Stängels.
Geschichte und Verwendung
Hält man die Pflanze gegen das Licht, sieht man die Ölbehälter in den Blättern, die das ganze Blatt durchziehen. Nach einer Sage geht die Entstehung der Ölbehälter auf den Teufel zurück. Dieser soll sich so über die Heilkraft der Pflanze geärgert haben, dass er alle Blätter mit Nadeln durchstach. Aus den gequetschten gelben Blütenblättern erhielt man rotes Johannisblut. Es galt als Mittel gegen Hexerei, man verabreichte es sogar den von der Inquisition verdächtigten Personen vor der Folter, um die Wahrheit herauszubekommen. Die Mediziner des Mittelalters setzten die Heilpflanze zur Wundheilung ein.
In der Volksheilkunde diente das Kraut als Mittel gegen Wurmbefall, Bronchitis, Husten und bei Beschwerden an der Gallenblase. Rotes Johanniskrautöl gewinnt man in einer Mazeration durch das mehrwöchige Einlegen von Johanniskrautblüten in Olivenöl oder Sonnenblumenöl. Im Handel ist es unter dem Namen Hyperici oleum rubrum erhältlich. Das rote Öl dient in der Volksheilkunde als Mittel zum Einreiben bei rheumatischen Erkrankungen, zur Linderung von Schmerzen und zur äußerlichen Behandlung nach Verrenkungen, Verstauchungen, Blutergüssen oder bei Gürtelrose. Das Kraut wird von Juni bis August gesammelt und im Schatten getrocknet. Daraus wird ein Tee aufgebrüht.
Das in den Öldrüsen gebildete Hypericin gilt zusammen mit anderen Inhaltsstoffen als Mittel gegen Depressionen und dadurch bedingte Migräne. Auch bei Angststörungen oder nervöser Unruhe während oder nach der Schwangerschaft werden die Wirkstoffe des Johanniskrauts eingesetzt. Aufgrund neuerer, klinischer Untersuchungen wird die Wirksamkeit jedoch in Frage gestellt, dies gilt insbesondere bei schweren Depressionen.
Das Hypericin ist ein Pigment, das photosensibilisierende Eigenschaften besitzt. Es kann eine Überempfindlichkeit vor Licht und Sonne bewirken, so dass schon bei relativ geringer Lichteinwirkung Hautrötungen und Blasen auf der Haut entstehen. Bei einer Einnahme der Droge muss man sich daher vor starker Lichteinwirkung schützen. Der Effekt kann auch bei Tieren auftreten, wenn sie die Pflanze fressen.
Verbreitung und Gefährdung
Die Pflanze ist weit verbreitet, ihr Bestand ist nicht gefährdet. Im Schweizer Kanton Wallis kommt sie bis auf 2000 Höhenmeter vor, in den deutschen Mittelgebirgen wächst bis auf 1000 Höhenmeter.
Fotos zum Echten Johanniskraut
Vergleich mit anderen Arten
Geflecktes Johanniskraut Hypericum maculatum Crantz blüht etwas später, es hat stellenweise einen vierkantigen Stängel. Bei den Blättern sind nur wenige durchscheinende Punkte erkennbar, am Rand sind die Blätter schwarz punktiert. Die gelben Kronblätter sind auf der Fläche – und nicht nur am Rand – mit schwarzen Punkten versehen. Behaartes Johanniskraut Hypericum hirsutum L. ist eine kurz behaarte Pflanze, sie hat einen runden Stängel. Die Kelchblätter sind am Rand drüsig gesägt. Vierflügeliges Johanniskraut Hypericum tetrapterum Fr. hat einen hohlen Stängel mit vier geflügelten Kanten. Man findet es nur auf sehr nassen, nährstoffreichen Böden. Niederliegendes Johanniskraut Hypericum humifosum L. ist eine kriechende Pflanze mit kleineren Blättern und einem dünnen, zweikantigen Stängel, der an den Knoten wurzelt. Darüber hinaus gibt es in Mitteleuropa noch weitere ähnliche Johanniskraut-Arten, die aber seltener sind und nur lokal auftreten.
Fotos zu den anderen Johanniskraut-Arten