Merkmale
Im Sommer trägt das Wildschwein ein kurzes, hellbraunes Borstenfell mit hellen Spitzen an den Enden der Grannen. Schon gegen Ende des Sommers findet ein Fellwechsel statt. Das dunkelgraue Winterfell ist viel dicker mit langen Deckhaaren und feinen Wollhaaren darunter. Auf dem Rücken zeigt sich oft ein Kamm. Der Schwanz wird oft bewegt, er drückt die Stimmung des Schweines aus. Das männliche Wildschwein, der Keiler, ist deutlich schwerer und größer als die weibliche Bache. Er wiegt im Schnitt 50 bis 150 Kilogramm, die Bache dagegen höchstens 100 Kilogramm. Einzelne Exemplare des Keilers bringen in seltenen Fällen mehr als 300 Kilogramm auf die Waage. Frisch geborene Jungtiere, die Frischlinge, erkennt man an einem hellbraunen bis gelblichen Fell, das von vier bis fünf gelbbraunen Streifen durchzogen ist. Wildschweine werden vom Jäger auch als Schwarzwild bezeichnet. Beim Keiler sind die Eckzähne, die Hauer, stark ausgebildet. Mit diesem Instrument imponieren die Wildschweine den Weibchen, sie benutzen sie bei Kämpfen, sie sind aber auch zum Graben geeignet. Das Wildschwein hat das typische Gebiss eines Nichtwiederkäuers.
Das Wildschwein gehört wie das Reh und der Rothirsch zu den Paarhufern. Die Schalenabdrücke der beiden Klauen sind auf der Fährte im Schnee deutlich zu sehen, ebenso wie die beiden Afterzehen. Diese werden beim langsamen Laufen nur beim Schwarzwild abgedrückt, beim Rotwild wie beim Rothirsch dagegen nicht. Sie werden beim Laufen gespreizt, damit das Schwein im Morast nicht einsinkt. Oben ist die Fährte des ziehenden Wildschweins abgebildet.
Lebensweise
Nach dem Fressen ruht das Wildschwein gerne. Im Sommer liebt es das Suhlen im Schlamm. Es kühlt so seinen Körper, gleichzeitig werden Parasiten der Haut durch den Schlamm unschädlich gemacht, und die getrocknete Schlammschicht stellt einen wirksamen Schutz vor blutsaugenden Insekten dar. Nahe bei den Schlammlöchern findet man oft Mahlbäume, an denen die Wildschweine ihr Fell scheuern. Dadurch befreien sie sich von den durch den Schlamm eingehüllten Parasiten. Die grobe Rinde der Bäume ist dann durch den Schlamm hell gefärbt.
Während der Paarungszeit, der Rauschzeit, kommen Kämpfe zwischen den Keilern vor. Zunächst tragen sie ein Imponiergehabe vor, bei dem die Hauer von Ober- und Unterkiefer durch Hin- und Herschieben der Kiefer aneinander schleifen. Dieses Wetzen soll dem Gegner Angst machen. Manchmal bildet sich sogar Schaum im Maul. Das Verspritzen von Urin unterstreicht den Anspruch auf den Revierplatz. Lässt sich der Gegner nicht einschüchtern, wird er umkreist und es kommt zum Kampf. Hiebe mit den mächtigen Hauern können zu schweren Verletzungen an der Breitseite führen. Vor der Paarung beriecht der Keiler die Bache an der Genitalregion, dann umkreist er sie und presst sich leicht gegen die Bauchseite. Falls die Bache noch nicht paarungsbereit ist, behält der Keiler den Körperkontakt bei. Bei der Paarung spreizt die Bache die Hinterbeine ein wenig und er besteigt sie von hinten, während er den Kopf auf den Rücken legt.
Nach drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen werden die Jungen im Frühling geboren. Die Bache gräbt vor der Geburt eine Mulde, sie polstert diese mit Moos und Gras aus und überdacht die ganze Behausung. Die vier bis zehn Frischlinge verlassen die Mulde zusammen mit ihrer Mutter nach zwei oder drei Wochen. Bei Störungen verteidigt die Bache zu diesem Zeitpunkt ihre Jungen sehr aggressiv, manchmal greift sie dabei auch den Menschen an, der ihr zu nahe kommt. Wildschweine sind relativ soziale Tiere, sie bilden Familien aus Muttertier und weiblichem Nachwuchs oder Gruppen von jungen Männchen. Die Mutter des Nachwuchses ist das Leittier, dieses vertreibt auch die Männchen aus dem Verband. Nach dem zweiten Lebensjahr leben die Männchen als Einzelgänger, nur zur Paarungszeit im Winter werden sie von den Familien aufgenommen.
Nahrungserwerb
Als Allesfresser ist das Wildschwein sehr anpassungsfähig. Es kann den Boden aufwühlen und kommt so an Nahrung wie Wurzeln oder Würmer, die den anderen anderen Säugetieren nicht zugänglich sind. Gefressen werden Mäuse, Schnecken, Insekten, Pilze, Blätter und Triebe der Hölzer, Baumfrüchte der Eiche und der Buche, sowie Feldfrüchte wie Kartoffeln oder Kohl. Beim Aufwühlen des Bodens können Wildschweine erhebliche Schäden anrichten, vor allem wenn sie in Gärten oder Parks nach Blumenzwiebeln suchen. Das Gehör und vor allem der Geruchssinn ist hervorragend entwickelt. Dies ist auch der Grund, warum Wildschweine in Teilen Frankreichs zur Trüffelsuche abgerichtet werden. Trüffel sind sehr begehrte und extrem teure Speisepilze.
Feinde und Gefahren
Das Wildschwein lebt in weiten Teilen Europas, Asiens und in Marokko; in Australien und im Osten der USA wurde es eingebürgert. In freier Wildbahn werden nur etwa 10% aller neugeborenen Tiere fünf Jahre alt. Erst dann sind sie erwachsen. Trotzdem sterben viele Jungtiere, vor allem Kälteeinbrüche und Fressfeinde dezimieren den Wildschweinbestand erheblich. In Europa machen vor allem Wolf, Braunbär, Luchs, Fuchs, Wildkatze und Uhu Jagd auf Frischlinge. In Asien gehört auch der Tiger dazu. Im Tierpark kann ein Wildschwein mehr als 20 Jahre alt werden. Die meisten Wildschweine sterben bei der Bejagung durch den Menschen, trotzdem sind die Bestandszahlen stabil. Die Wildschweine sind bei der Fortpflanzung sehr erfolgreich.
Fotos und Grafiken