Merkmale
Das Reh hat im Sommer ein rotbraunes Fell, während es im Winter unauffällig graubraun gefärbt ist. Der erwachsene männliche Rehbock ist am Geweih zu erkennen. Das Geweih besteht aus zwei Stangen, die beim erwachsenen Rehbock je drei Enden haben. Es ist an einer Verbreiterung, der Rose, am Stirnbein befestigt. Das erwachsene weibliche Reh, die Ricke hat kein Geweih. Ausgewachsene Tiere erreichen 90 Zentimeter Schulterhöhe, die Kopf-Rumpf-Länge beträgt bis zu 140 Zentimeter. Der männliche Rehbock wiegt 15 bis 25 Kilogramm, die Ricke ist etwas leichter. Das junge Rehkitz trägt ein rotbraunes, auf dem Rücken weiß getupftes Fell. Die Tupfen sind in drei Längsreihen angelegt. Im Norden von Deutschland kommen auch Rehe mit fast schwarz gefärbtem Fell vor. Der weiße Fleck am Hinterteil des Rehs nennt man Spiegel. Ein Reh kann mit einem Rothirsch-Weibchen verwechselt werden: Der Rothirsch ist deutlich größer, der graue Hals ist breiter und die Augen stehen weiter auseinander.
Die Fährte ist beim Reh aber kleiner, sie misst beim erwachsenen Tier nur etwa drei mal fünf Zentimeter. Auch beim Reh liegen die Trittsiegel des Vorder- und des Hinterfußes manchmal ineinander oder direkt voreinander. Das fliehende Reh spreizt die Klauen, die kleinen Afterzehen werden dann durch die höhere Druckstärke im Abdruck sichtbar (Fährte unten):
Der am häufigsten zu hörende Laut der Rehe ist das einmalige Bellen, wenn sie aufgeschreckt werden. In der Jägersprache nennt man diesen Reh-Ruf auch „Schrecken“. Damit will das Reh einem potentiellen Fressfeind sagen, dass es ihn entdeckt hat und eine weitere Jagd zwecklos ist. Am späten Abend oder am frühen Morgen dient das Bellen auch zur Mitteilung des Standortes unter den Artgenossen.
Die Augen sitzen seitlich am Kopf. Dadurch hat das Reh ein relativ weites Sehfeld. Der Schädel des Rehs ist ein typischer Schädel eines Wiederkäuers: Die oberen Schneide- und Eckzähne fehlen. Mit den unteren kann es Pflanzenmaterial gut abrupfen. Die Backenzähne sind gut ausgebildet.
Lebensweise
Im Winter bilden die Rehe Familienclans, sogenannte Sprünge. Zur Brunftzeit Anfang August führen die männlichen Rehböcke Rivalenkämpfe mit Hilfe ihrer Geweihe durch. Sie markieren ihr Revier mit einem Duft aus ihren Duftdrüsen, die sich an mehreren Stellen am Körper befinden: Die Stirndrüse am Stirnorgan sitzt unterhalb der Rose am Geweih. Auch an den Geweih-Enden werden bis zum Fegen der Basthaut Duftstoffe freigesetzt. Die Laufbürsten sitzen am unteren Hinterbein. Die Zwischenklauensäckchen befinden sich zwischen den beiden Klauen an den Hinterfüßen. Das männliche Geschlechtsorgan des Rehbocks wird Pinsel genannt. Auch dort setzt der Rehbock Duftstoffe frei. Die Hoden bezeichnet man als Brunftkugeln.
Erwachsene Rehböcke werfen ihre Geweihe im Oktober oder November ab. Danach benötigt es nur etwa 60 Tage, bis ein neues Geweih nachgewachsen ist. Die über dem nachwachsenden Geweih befindliche Basthaut wird beim Fegen an Baumrinden abgewetzt. Erst dann ist das Geweih voll ausgebildet. Beim Fegen dringen Pflanzensäfte in das Geweih ein. Dadurch erhält es seine braune Farbe.
Nach der Paarung entwickelt sich das befruchtete Ei bei der Ricke zunächst kaum, erst im Dezember beginnt der Embryo zu wachsen. Die Tragezeit der Ricke beträgt 39 bis 42 Wochen. Im Mai oder Juni des folgenden Jahres werden die Kitze geboren. Meist sind es Zwillinge. Die Kitze liegen zunächst am Boden. Werden sie von einem Fuchs oder einem Luchs bedroht, schreien sie mit einem hellen, durchdringenden Schrei. Die Mutter verteidigt die Jungen mit Schlägen der scharfkantigen Klauen des Vorderlaufs. Die jungen Rehe sind nach eineinhalb Jahren geschlechtsreif. Rehe können in der Wildnis bis zu 12 Jahre alt werden, in Gefangenschaft sogar 17 Jahre.
Nahrungserwerb
Rehe ernähren sich von Blättern, jungen Trieben, Kräutern, Gräsern, Moosen, Beeren, Eicheln, Bucheckern, Rinden und Pilzen. Die Nahrung variiert von Jahreszeit zu Jahreszeit. Als Wiederkäuer mit einem verhältnismäßig kleinen Pansen bevorzugen sie leicht verdauliche Nahrung. Rehe können Schäden an Nutzpflanzen wie Raps oder Getreide und auch im Wald an jungen Forstpflanzen anrichten. Daher erfolgt die Regulierung des Bestandes durch die Jäger.
Gefährdung
Neben dem Rotfuchs und dem Luchs zählen der Wolf, seltener das Wildschwein, die Wildkatze oder der Steinadler zu den Fressfeinden vor allem junger Rehkitze. Wildernde Hunde stellen ebenfalls eine Gefahr dar. Rehe werden in Mitteleuropa intensiv vom Menschen bejagt. Insgesamt sind die Bestände aber stabil.
Fotos und Grafiken