In den höheren Lagen der Schweizer und Österreichischen Alpen kommt eine seltene, gelb
blühende Pflanze vor, der Röhrige Gelbstern. Diese Pflanze ist
ein typischer Vertreter aus der Familie der Liliengewächse
*).
Blüte des Röhrigen
Gelbsterns Gagea fistulosa:
sechs gleichfarbene Blütenhüllblätter und 6 Staubblätter.
Die Liliengewächse
besitzen meistens unterirdische Speicherorgane wie Zwiebeln, Knollen oder
Wurzelstöcke (Rhizome). Die Blüte bildet einen Perigon und ist
aus 6 gleichfarbigen Blütenhüllblättern – davon drei innere
und drei äußere – aufgebaut. Die Hüllblätter sind
meistens groß und auffällig gefärbt. Die sechs Blütenhüllblätter
umgeben sechs Staubblätter und drei zu einem oberständigen Fruchtknoten
verwachsene Fruchtblätter. Die Lilien gehören wie die
Orchideen
und die
Süßgräser
zu den einkeimblättrigen Pflanzen. Daher sind auch die Blätter
der Lilien parallelnervig. Die Laubblätter sitzen meist umfassend
an der Basis des Stängels. Die
Lilien sind daran zu erkennen, dass sich bei der Zwiebel die Schuppen überlagern
und nicht durch eine Außenhaut geschützt ist. Die Vermehrung
erfolgt durch Bestäubung, die Frucht ist eine dreifächrige Springfrucht,
in der die Samen scheibenförmig liegen. Manche Lilien können
sich auch vegetativ vermehren.
Die turbanartigen Blüten
charakterisieren die Pflanze. |
Türkenbund-Lilie. |
Die bekannteste, wildwachsende
Lilienart stellt aufgrund ihrer Schönheit die
Türkenbund-Lilie Lilium martagon dar. Sie erreicht eine Wuchshöhe von bis zu
1,50 Metern und kommt in kalkreichen, nährstoffreichen Böden
bis zu einer Höhe von 2800 Metern vor. Sie ist in Süddeutschland
und in den Vogesen, aber vor allem auch im Alpenraum verbreitet. Die Pflanze
ist nach ihren großen, turbanartigen Blüten benannt.
Die Schachblumen lieben
feuchte Wiesen. |
Blüte der Schachblume. |
Die teilweise vom Aussterben
bedrohte Schachblume, Fritillaria meleagris, kommt nur noch an vereinzelten
Standorten vor. In Deutschland findet man sie noch an der der Sinn, einem
Nebenfluss der Fränkischen Saale oder in Brandenburg. In der Schweiz
ist ein Vorkommen am Doubs im Jura bekannt. Die Schachblume gedeiht auf
feuchten Wiesen mit nährstoffreichem Boden. Ihr Bestand ist durch
die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes stark gefährdet.
Im Frühjahr treibt aus einer kleinen, runden Zwiebel ein 15 bis 20 cm langer
runder Stängel, an dem sich die glockenförmigen, nach unten hängenden
Blüten entwickeln. Die purpurrot-weiße Musterung der Blüte
gibt der Pflanze ihren Namen. Am Grund der Blüte findet sich ein Nektar,
der Bienen oder Hummeln als Bestäuber anlockt.
Die heutige Gartentulpe
ist eine durch Züchtung vermehrte Lilie.
Die Tulpe ist eine bekannte
Vertreterin der Lilien. Ursprünglich wuchs sie in den asiatischen
Steppengebieten, nach Europa kam sie im 16. Jahrhundert über die Türkei.
Die heutigen Tulpen in den Gärten sind Züchtungen, die von den
kleinen gelbweiß blühenden Wildtulpen abstammen. Durch Züchtung
gelingt es, auch Tulpen mit sieben Blütenhüllblättern zu
erzeugen. Tulpen können aus Samen, aber auch aus Tochterzwiebeln vegetativ
vermehrt werden. Die Tulpenzwiebeln sind aus fleischigen, schalenförmigen
Blättern aufgebaut.
Die Feuerlilie ist als
kultivierte Form in den Gärten verbreitet.
Aufgrund der prächtigen
Blüte ist die Lilie seit dem Altertum eine kultivierte Blume. Ab dem
Mittelalter symbolisierte die weiße Lilie Reinheit und Unschuld.
Daher wurde sie oft im Zusammenhang mit Mariendarstellungen verwendet.
Wurde die Lilie dem Christus als Weltenrichter zugeordnet, war sie ein
Symbol der Gnade. Da die Lilien noch seltener als die Orchideen vorkommen,
darf man die wild wachsenden und geschützten Lilien keinesfalls pflücken
oder ausgraben. In den Gärten des Alpenraums wächst häufig
eine kultivierte Form der Feuerlilie (siehe oben).
Die Feuerlilie ist die
prächtigste Pflanze der Alpen. |
Südliche Form der
Feuerlilie. |
Die farbenprächtige,
wild wachsende Feuerlilie
Lilium bulbiferum kommt nur noch ganz
selten vor. Sie gehört aufgrund ihrer orangeroten, bis zu 15 cm großen
Blüten zu den schönsten
Pflanzen
der Alpen. Bei der nördlichen Form
Lilium bulbiferum wachsen
am Grund der Blätter kleine Brutzwiebeln. Bei der im Engadin wachsenden,
südlichen Form
Lilium bulbiferum subsp. croceum fehlen diese
Brutzwiebeln (Foto oben rechts).
*)
Früher zählte man zu den Liliengewächsen viel mehr Arten
als heute. In einem Bestimmungsbuch aus dem Jahre 1985 waren die Küchenzwiebel,
der Bärlauch oder der Schnittlauch
noch den Liliengewächsen zugeordnet. Nach neuem Kenntnisstand bilden
diese jedoch eine eigene Familie der Amaryllisgewächse innerhalb der
Ordnung der Spargelartigen. Sie sind mit den Liliengewächsen nicht
direkt verwandt, genauso wenig wie die Familie der Hyazinthengewächse,
zu denen der Blaustern oder die Traubenhyazinthe
gezählt wird. Auch die Schwertliliengewächse zählt man nicht
mehr zu den Liliengewächsen.
Quellenverzeichnis