Das Watt

Queller


Ebbe und Flut

Bedingt durch den Mond entstehen die Gezeitenkräfte, die im Wattenmeer Ebbe und Flut verursachen. Der dabei entstehende Höhenunterschied des Wassers wird als Tidenhub bezeichnet, im Norddeutschen wird dafür auch der Begriff Tide verwendet. Der Tidenhub im deutschen Wattenmeer beträgt ungefähr zwei bis drei Meter. Da das Wattenmeer sehr flach ist und sich das Wasser bei Ebbe viele Kilometer zurückzieht, kommt das Wasser bei Flut an einigen Orten auch wieder sehr schnell zurück, manchmal sogar in einer einzigen Welle. Daher ist das Wandern im Watt ohne ortskundige Führung sehr gefährlich. Die Lebewesen im Watt haben sich an das sinkende und steigende Meerwasser hervorragend angepasst. Manche leben ihr ganzes Leben lang vergraben im Boden, andere halten sich im Wasser auf. Der Lebensraum Watt reicht bis in die Salzwiesen (Foto unten rechts).


WattwurmLupeWattwurmLupeSalzwieseLupe


Leben im Wattboden

Betrachtet man das Watt auf dem Foto links oben, sieht man zunächst nur Häufen und braunen Schlick, in den man umso tiefer einsinkt, je weicher der Wattboden ist. Der Boden wird in zwei Typen unterteilt: Das Schlickwatt ist dunkler und weicher als das feste und hellere Sandwatt, das zum Beispiel vor St. Peter-Ording zu finden ist. Manchmal finden sich beide Schichten in verschiedenen Tiefen. Manche Lebewesen bevorzugen einen bestimmten Boden, anderen ist das ziemlich egal. Am auffälligsten sind bei näherem Blick die kleinen „Spaghettihaufen“, die bei Ebbe das gesamte Watt überziehen. Es handelt sich um die Kothaufen des im Boden vergrabenen Wattwurms, der Sand oder Schlick frisst, dann die verwertbaren Bestandteile verdaut und den Rest über eine Röhre in bestimmten Zeitintervallen an die Oberfläche auswirft. An der Farbe dieses Auswurfs kann man den Bodentyp erkennen (Foto unten links). Der hellere Haufen (rechts) stammt vom Sandwatt, der dunklere (links) vom darüber liegenden Schlickwatt.


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Bei den Fischern ist der Wurm auch unter den Bezeichnungen „Pierwurm“ oder „Köderwurm“ bekannt. Beim Ausgraben des Wattwurms muss man vorsichtig sein: Es darf nur eine Gabel verwendet werden. Ein Spaten würde den Wurm zerschneiden. Der Wattwurm liegt nämlich waagerecht im unteren Teil seiner Wohnröhre. Aus dem vorderen Fressgang nimmt er den Sand auf, zum Entleeren des Darmes bewegt er sich nach hinten in den Kotgang. Dabei besteht für ihn die Gefahr, dass ein Austernfischer sein Hinterende abbeißt. Dieses kann er aber wieder nachwachsen lassen. Der Wattwurm saugt beim Fressen nicht nur Sand, sondern auch sauerstoffreiches Wasser durch seine Wohnröhre. Dadurch wird der obere Wattboden auch für andere Bewohner mit Sauerstoff versorgt. Pro Jahr wandern ungefähr 25 Kilogramm Sand durch den Körper eines Wattwurms. Auf einem Quadratmeter leben etwa 20 Tiere.


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Die Tiere im Wattboden spielen eine bedeutende Rolle für das gesamte Ökosystem der Erde. Sie stellen nicht nur die Nahrungsgrundlage ganz am Anfang der Nahrungspyramide dar, die kleinsten von ihnen sind auch für die Reinigung des Bodens zuständig. Manchmal kann man Bläschen aus dem Schlick aufsteigen sehen. Sie stammen von den Kieselalgen und anderen Algen des Planktons, die den Boden zu Milliarden besiedeln und bedeutende Sauerstoffproduzenten sind. Betrachtet man den Wattboden ganz aus der Nähe, fallen kleine Punkte und Laufspuren auf. (Foto oben links). Beim Betrachten der Punkte mit einer Lupe erkennt man das Gehäuse der Wattschnecke (Fotos oben Mitte und rechts). Im Schnitt leben pro Quadratmeter Wattboden bis zu 4000 Exemplare dieser Schnecke!



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Der bis etwa einen Zentimeter lange Schlickkrebs lebt ebenfalls in einer U-förmigen Wohnröhre, die aber nur wenige Zentimeter in den Wattboden hineinreicht. Das Männchen hat ein besonders langes Antennenpaar. Mit diesem kratzt es auf der Oberfläche des Bodens nach Kieselalgen und organischem Material. So entstehen die kleinen, sternförmigen Spuren auf dem Wattboden. Die meisten Muschelarten leben ebenfalls im Wattboden vergraben. Nur die Miesmuschel bildet da eine Ausnahme. Je nach Art leben die Muscheln in verschiedenen Bodentiefen. Während die Herzmuschel nur wenige Zentimeter vergraben ist, findet man die Sandklaffmuschel in bis zu 40 Zentimeter Tiefe. Mit ihrem langen Sipho oder „Schnorchel “ kann sie Nährstoffe von der Oberfläche holen.

Leben im und auf dem Wasser

Die Miesmuschel lebt auf dem Wattboden unter Wasser. Daher benötigt sie keinen Sipho. Sie öffnet zum Fressen einfach ihre Schalenklappen. Pro Stunde strömt ein Liter Wasser durch die Kiemen einer Miesmuschel. Dies dient nicht nur zum Fressen, sondern es reinigt auch das Wasser. Leider werden dadurch auch toxische Stoffe wie Schwermetallsalze oder Insektizide in der Muschel konzentriert. Die Miesmuschel liebt es, sich mit ihren Artgenossen oder auch mit Steinen zusammenzukleben (Foto unten links). Dazu benützt sie Eiweiß-Fäden, die sie mit einer Drüse am Fuß selbst spinnen kann. Die klebrigen Fäden und das Zusammenrotten haben den Vorteil, dass die Miesmuscheln durch die Strömung nicht weggeschwemmt werden. Mit den Fäden kann sich die Miesmuschel auch selbst aus abfallreichem Schlick befreien.


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Die Krebse wie die Strandkrabbe (Foto oben Mitte) oder die Garnele graben sich bei Gefahr oder bei Ebbe zwar ein, zum Jagen bewegen sie sich aber im Wasser. Von den Krabben vermag die Schwimmkrabbe mit ihren beiden Paddelbeinen am besten zu schwimmen. Garnelen sind aufgrund ihrer Körperform und dem gefächerten Schwanzende pfeilschnell. Die freie Bewegung im Wasser birgt die Gefahr, gefressen zu werden. Gut geschützt ist das der Einsiedlerkrebs (Foto rechts), der zwar keine Panzerung hat, aber in einem Schneckengehäuse gut geschützt lebt und bei Gefahr den Eingang des Gehäuses mit seinen beiden gepanzerten Scheren wirksam verschließen kann.

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Für die Fische ist das Wattenmeer vor allem Laich- und Fressplatz. Die Heringe laichen im Wattenmeer und ziehen dann aber als erwachsener Fisch in Schwärmen durch den ganzen Atlantik. Plattfische wie die Scholle verbringen dagegen ihr ganzes Leben im Watt. Wie Seehund und Kegelrobbe stehen die Vögel an der Spitze der Nahrungspyramide. Auch der Mensch zählt dazu. Ein Problem besteht darin, dass die Giftstoffe durch diese Nahrungspyramide von unten nach oben weitergereicht werden und sich dabei konzentrieren. Eine Verschmutzung des Meeres führt letztendlich auch zur Vergiftung des „Endverbrauchers“. Der Rückgang einer Art in der Pyramide weiter unten, kann eine Tierart weiter oben in ihrem Bestand gefährden oder sie sogar zum Aussterben bringen.


Weitere Infos und didaktisches Material

Spezialisierung der Vögel im und am Wasser
Leben auf der Salzwiese
Leben am Strand und auf den Dünen
Die Verschmutzung der Meere (>Internet)


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