Im Experiment werden Einzelvorgänge isoliert und unter bestimmten Bedingungen analysiert. Es erfolgt ein Eingriff in ein Objekt, Ausgangsbedingungen werden bewusst verändert und variiert mit dem Ziel, Abhängigkeiten der Lebensvorgänge von einzelnen Faktoren zu erkennen. Ein Experiment ist ein planmäßig und wiederholbar hervorgerufener Vorgang, bei dem beobachtet wird, in welcher Art und Weise und unter welchen Bedingungen sich eine Variable verändert. Es stellt eine Frage an die Natur dar, von der wir uns dann eine Antwort erhoffen.
Experimente sind im Biologieunterricht von Bedeutung, da bei ihnen Erkenntnissgewinn durch selbständige Erfahrung gewonnen werden kann. Die Eigentätigkeit der Schülerinnen und Schüler fördert ihre Handlungskompetenz, d.h. sie lernen pragmatische Fähigkeiten in Verbindung mit kausalem Denken. Die Schüler gewinnen Einsichten in Abhängigkeiten, Prozesse, Regelmäßigkeiten und allgemeine Gesetze. Das eigene Tun steht im Vordergrund und motiviert, sich mit der Sache weiter zu beschäftigen. Das Arbeiten in Gruppen fördert soziale Kompetenzen. Voraussetzung zur Durchführung von Experimenten mit Schülern ist das vorangehende Aneignen von fachspezifischen Arbeitsweisen wie das Betrachten, Beobachten und Untersuchen.
Bei der empirisch analytischen Methode des Experimentierens sind zwei Methoden zur Erkenntnisfindung von Bedeutung: Beim induktiven Weg werden aus dem Vergleichen bestimmter Merkmale Gesetzmäßigkeiten abgeleitet. Beispiel: Die Schüler sollen experimentell herausfinden, was zur Hefegärung notwendig ist. Als Ergebnis kommt heraus, dass Zucker, Hefe, sowie Wärme notwendig ist:
Zucker + Hefe → Wärme → Kohlenstoffdioxid + Alkohol
Beim deduktiven Weg werden aus allgemeinen Gesetzmäßigkeiten Einzelaussagen abgeleitet. Wenn ein Arzt beispielsweise eine Blutuntersuchung durchführt, kann er aufgrund der Untersuchungsergebnisse Krankheiten erkennen, da für die einzelnen Blutwerte bereits bestimmte Erfahrungswerte oder -parameter vorliegen.
Der Erkenntnisweg beim Experiment lässt sich in folgender Reihenfolge darstellen:
- Beobachten von Merkmalen; Motivation, in das Geschehene mehr einzudringen
- Problemstellung und erste Vermutungen
- Aufstellen von Hypothese und Operationalisierungen (Aufstellen von Wenn-Dann-Beziehungen)
- Methodenfindung, Entwicklung eines Lösungsplanes
- Ausprobieren der Lösung im Experiment
- Verifizierung (Bewahrheitung einer Hypothese mit Aufstellung einer Theorie) oder Falsifizierung (Widerlegung einer Hypothese mit Aufstellung einer neuen Hypothese)
Der
didaktische Ort von experimentellen Maßnahmen ist sehr vielseitig. Voraussetzung zum Gelingen ist eine gute Vorbereitung und der Einsatz am richtigen Ort:
- Das Motivationsexperiment zum Beginn einer Stunde soll auf ein Thema hinführen (zum Beispiel "Euglena sucht Licht").
- Das Erarbeitungsexperiment (das "echte" Experiment) dient zur Lösung eines Problems (zum Beispiel das Experiment zum Richtungshören: Einer Versuchsperson werden die Augen verbunden. Eine Gruppe steht im Kreis um die Versuchsperson. Nun schnippst jemand mit den Fingern. Die Versuchsperson soll mit dem Arm anzeigen, aus welcher Richtung der Schall kommt. Der Versuch wird zweimal durchgeführt, einmal mit beiden Ohren offen, beim zweiten Mal hält sich die Versuchsperson ein Ohr zu).
- Das Bestätigungexperiment beweist eine Theorie (die Additive Farbmischung von farbigen Lichtern mit drei Overheadprojektoren dient als Beweis für das Hervorrufen des Farbeindrucks Weiß bei den Zapfen im Auge).
- Das Gedankenexperiment lässt einen Vorgang in Gedanken passieren ("Was würde wohl passieren, wenn ich...").
- Die Schülerübung vermittelt das reproduktive Anwenden von instrumentellen Arbeitsweisen (beispielsweise Anleitungen, wie man mikroskopische Präparate herstellt und färbt).
- Das Demonstrationsexperiment zeigt ein bestimmtes Phänomen oder einen bestimmten Effekt (zum Beispiel die Demonstration des Patellarsehnenreflexes durch Klopfen auf das Kniescheibenband).
Die experimentellen Maßnahmen sollten der Altersstufe der Schüler angemessen sein und auf Vorkenntnissen aufbauen. Entscheidend ist auch die Beachtung von Sicherheitsrichtlinien:
- Die Schüler sind mit den Geräten (Brenner, Mikroskop) vertraut und kennen die Sicherheitsvorschriften.
- Vor jedem Experiment werden die Gefahren nochmals einzeln erläutert, zum Beispiel bei der Verwendung von Gefahrstoffen.
- Die landesüblichen Vorschriften müssen beachtet werden. So ist eine Blutentnahme heute nicht mehr im Unterricht erlaubt.
- Vorschriften zur Sauberkeit, zur Hygiene und zur Entsorgung von Stoffen sind einzuhalten, beispielsweise beim Arbeiten mit Lebensmitteln oder mit Nährböden: Bebrütete Nährböden dürfen keinesfalls geöffnet werden. Alle Geräte müssen vorher sterilisiert werden. Nach dem Arbeiten und auch davor müssen die Hände gewaschen werden!
Organisation und Ergebnissicherung
Bei Schülerübungen ist die schriftliche Arbeitsanleitung präzise und genau abgefasst. Sie enthält Angaben über die genauen Arbeitsabläufe und über eingesetzte Stoffmengen. Die Anleitung enthält eine Liste der benötigten Geräte und Stoffe und ist mit einer Skizze der Versuchsdurchführung versehen. Bei Erarbeitungsexperimenten ist die Ausgangslage offen, es liegen in der Regel nur wenige schriftliche Arbeitsanweisungen vor. Meist wird nur ein Problem durch die Lehrkraft geschildert, das dann von den Schülern durch die Variation von Experimenten "erforscht" wird.
Alle Formen des Experimentierens werden durch die Schüler dokumentiert. Im Protokoll werden die Überlegungen und die durchgeführten Arbeitsschritte notiert und wenn möglich mit Zeichnungen erläutert. Das Aufstellen von Hypothesen ist erwünscht. Am Ende vergleichen die Schüler oder die Arbeitsgruppen ihre Beobachtungen und Ergebnisse und versuchen, in einer Diskussion Erkenntnisse zu gewinnen und Theorien aufzustellen.