Die Evolutionstheorie
Zoom! Jean Baptiste de Lamarck (1744-1829) nahm noch an, dass ein Lebewesen eine Eigenschaft, das es während seines Lebens erwirbt, auf seine Nachkommen vererben kann. Er glaubte, dass die Giraffen durch dauerndes Strecken der Hälse während ihres Lebens längere Hälse bekommen hatten und diese erworbene Eigenschaft dann ihren Nachkommen vererbten. Im Laufe der Zeit hätten sich so - nach Lamarcks Theorie - aus kurzhalsigen Urgiraffen langhalsige Tiere entwickelt.

Das diese Theorie nicht stimmen kann, widerlegte Charles Darwin (1809-1882).
  
Zoom! Eine Giraffe mit einem etwas längeren Hals konnte beispielsweise durch eine Mutation, eine zufällige Änderung im Erbgut bei der Fortpflanzung, entstehen. Die langhalsigen Giraffen kamen besser an das Laub der Bäume. In Konkurrenz zu den kurzhalsigen Giraffen erreichten sie einen Vorteil. Sie lebten länger und konnten sich besser vermehren. Die kurzhalsigen Giraffen starben nach und nach aus. Eine Auslese, die durch die Anforderung der Umwelt verursacht wird, nennt man natürliche Selektion.

Bei der sexuellen Selektion erfolgt eine gezielte Partnerwahl, um eine bestimmte, erwünschte Eigenschaft zu erhalten und zu verstärken. So lassen sich zum Beispiel Haustiere oder Kulturpflanzen züchten.
 
Zoom! Nach der Darwin'schen Evolutionstheorie sind die heutigen Pferde im Laufe der Zeit aus kleineren Vorfahren durch Mutation und Selektion entstanden. Das Urpferdchen lebte vor etwa 50 Millionen Jahren in den Wäldern Nordamerikas. Es war kaum größer als eine heutige Hauskatze und hatte ursprünglich an den Vorderbeinen vier Zehen. Durch das Spreizen der Zehen versank das Urpferdchen nicht im weichen Waldboden. Die niedrigen, vierhöckrigen Backenzähne waren zum Zerquetschen der weichen Nahrung gut geeignet. 
  
Zoom! Im Laufe der Zeit breiteten sich die Steppenlandschaften auf der Erde immer mehr aus. Aus der Mittelzehe entwickelte sich beim Pferd allmählich ein Huf und die Größe des Tieres nahm zu. Aus dem laubfressenden Waldpferd wurde allmählich ein grasfressendes Steppenpferd. Die heutigen Pferde gehen nur noch auf einer Zehe, der Huf hat sich aus dem ursprünglichen Zehennagel entwickelt.

Mutation und Selektion wirken über einen sehr langen Zeitraum. Neben diesen beiden existieren weitere Faktoren, die die Evolution antreiben. Nachfolgend werden einige Beispiele aufgeführt.
  
Zoom! Beim Evolutionsfaktor Genfluss wird der Genbestand einer Art durch den Austausch des genetischen Materials zwischen zwei benachbarten Populationen stabilisiert. Es wird damit verhindert, dass sich die beiden Populationen auseinanderentwickeln.

Wenn kein Genfluss stattfindet und sich zwei Populationen einer Art durch Isolation lange Zeit nicht mehr untereinander paaren, entwickeln sich die Populationen unterschiedlich. Nach diesem Prinzip sind die Beuteltiere Australiens erhalten geblieben. Australien ist im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung durch ein Auseinandertriften der Kontinente entstanden.
    
Zoom!Beim Evolutionsfaktor Gendrift gehen Abschnitte des Erbguts in einer isolierten, kleinen Population einer Art zufällig verloren. Angenommen in der kleinen Population kommen Lebewesen mit blauen und mit grünen Augen vor und das Erbgut für blaue Augen geht bei allen Individuen verloren, dann tritt diese Eigenschaft nicht mehr auf. Bei weit verbreiteten, großen Populationen wird der fehlende Genabschnitt durch Genfluss schnell wieder ersetzt. In diesem Zusammenhang wird oft das Beispiel mit dem Flaschenhals angeführt: Vor etwa 75000 Jahren dezimierten sich die Menschen durch einen Ausbruch des Supervulkans Toba auf Sumatra wahrscheinlich auf nur wenige tausend Individuen weltweit. Während einer solchen Phase kann eine Art aussterben, weil die genetische Vielfalt extrem eingeschränkt ist.
 
Zoom! Die Tarnung durch Nachahmung der Umgebung nennt man im Tier- und Pflanzenreich Mimese. Sie ist in der Natur weit verbreitet. Nach Darwins Theorie, haben diejenigen Vorfahren des Gartenbaumläufers (siehe Bild) überlebt, die die beste Tarnung besaßen, denn sie wurden am wenigsten gefressen und hatten einen Selektionsvorteil. Allerdings ist bis heute nicht eindeutig geklärt, ob das Phänomen der Mimese auf die Selektion zurückzuführen ist. In manchen Fällen ist zu vermuten, dass weitere, bisher unbekannte Faktoren eine Rolle spielen, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:
  
Zoom! Manche Lebewesen ahmen andere Arten durch Mimikry nach. Die Blüte der Orchidee Fliegenragwurz ahmt beispielsweise die Form und das Aussehen einer weiblichen Fliege nach. Durch das Aussehen der Blüten werden männliche Fliegen angelockt, die eine Begattung mit dem vermeintlichen Weibchen versuchen. Durch diesen Täuschungsversuch übertragen die männlichen Fliegen die Pollenpakete von Blüte zu Blüte und sichern so die Fortpflanzung der Fliegenragwurz. 
  
Zoom! Im Laufe der Evolutionsgeschichte gab es immer wieder ein Aussterben von Tierarten oder ganzer Tierklassen durch Umwelteinflüsse und Selektion. Die Säbelzahntiger lebten bis vor etwa 10000 Jahren in Nordamerika und Europa. Sie hatten messerscharfe, bis zu 18 Zentimeter lange, aus dem Maul herausragende Fangzähne. Das Verschwinden der Säbelzahntiger fiel in eine Epoche, in der viele große Säugetier-Arten ausstarben.
  
Zoom! Das zu den Elefanten zählende Mammut lebte bis vor etwa 11000 Jahren. Es besaß bis zu fünf Meter lange Stoßzähne und war mehr als vier Meter hoch. Das Gewicht bertrug wahrscheinlich bis zu 15 Tonnen. Mammute waren in den kalten Klimazonen des Nordens weit verbreitet. Für die damaligen Steinzeitmenschen dienten die Stoßzähne zur Werkzeugherstellung, aus der sehr dicken Haut und dem dichten Fell fertigten sie Kleidung und das Fleisch stellte eine wichtige Nahrungsquelle dar.
  
Zoom! Genaugenommen sind die Dinosaurier am Ende der Kreidezeit gar nicht ausgestorben, sondern sie haben sich einfach weiterentwickelt. Der Archaeopterix ist nämlich ein Vorfahre der heutigen Vögel. In der Neuzeit ist vor allem der Mensch für das weit verbreitete Ausrotten von Tierarten verantwortlich. Der Mensch ändert die Lebensbedingungen so schnell, dass sich die anderen Lebewesen nicht in so kurzer Zeit anpassen können. 

Copyright: Thomas Seilnacht