Die kräftig gebaute Graugans hat einen großen, rot
gefärbten Schnabel. Bei den östlichen Populationen ist der
Schnabel eher rosafarben, bei den westlichen eher orangefarben. Die
Füße der Graugans sind fleischfarben gefärbt, die
Flügel weisen am Rand einen silberfarbenen Vorderrand auf. Die
weißen Bürzelseiten und die weißen Ober- und
Unterschwanzdecken kontrastieren zum graubraunen Gefieder, das mit
hellen Federrändern versehen ist. Männchen und Weibchen sind
äußerlich sehr ähnlich. Auf der Bauchunterseite haben
die erwachsenen Graugänse schwarze Federpartien. Die männliche
Gans, der Gänserich oder Ganter, ist etwas größer und
schwerer als das Weibchen. Es kann bis zu vier Kilogramm schwer werden.
Die geschlüpften Küken – im Norddeutschen auch Gössel
genannt – erscheinen gelblich, sie färben sich zunehmend braun, der
Schnabel hat eine orangerote Spitze. Im Flug bilden die Graugänse
eine V-förmige Formation. Das typische Schnattern der
Graugänse ist ein „Kjaa-ga-ga-ga“. Sie haben aber auch eine
Vielzahl anderer Rufe im Repertoire, zum Beispiel können
Graugänse bei Gefahr oder bei aggressivem Verhalten laut schreien
oder trompeten.
Während der Brutzeit findet man Graugänse vor allem in den
Schilfbeständen der Seen und auf den benachbarten Wiesen. Sie
fressen gerne Beeren, Gräser und Kräuter, sie nehmen aber auch
Getreide gerne zu sich. Manchmal graben sie die Wurzeln von Pflanzen
aus, um diese zu fressen. Auch Pflanzenmaterial im Wasser dient als
Nahrung, dabei können die Graugänse gründeln wie die
Stockenten. Der Speiseplan der Graugänse ist je nach Saison und
Futterangebot sehr vielseitig.
Das Verhalten der Graugans wurde vor allem durch den Verhaltensforscher
Konrad Lorenz eingehend studiert. Bei der Aufzucht der Jungvögel
werden diese durch das Muttertier geprägt. Konrad Lorenz brachte
sogar junge Graugänse dazu, dass sie ihm hinterherliefen und sich
von ihm aufziehen ließen. Die Prägung dient den Jungen zum
Schutz und ermöglicht den Zusammenhalt. Graugänse gehen lang
anhaltende Partnerschaften ein, dabei entwickeln sie ein
ausgeprägtes Gesellschaftsleben. Bei der „Triumphzeremonie“ richtet
das Männchen den Kopf nach unten und sträubt den Hals. Mit
diesem Imponiergehabe soll ein möglicher Rivale vertrieben und ein
Weibchen beeindruckt werden. Bei der „Rückkehr“ hält das
Männchen den Kopf gerade und das Weibchen folgt mit einer
ähnlichen Geste. Wenn keiner der Partner flieht oder sich aggressiv
verhält, dann ist die Paarbindung erfolgt. Beide rufen
gleichzeitig mit einem trompetenähnlichen Triumphgeschrei. Die
Partnerschaften halten lebenslang.
Ihr schwer zugängliches Nest bauen die Graugänse auf einem
Haufen von Röhricht- und Schilfhalmen in der Nähe eines
Gewässers, es wird mit Dunen ausgekleidet. Mehrere Familien bilden
einen Klan und teilen sich ein Territorium. Dieses wird dann gemeinsam
vor Eindringlingen verteidigt. Das Weibchen legt Ende März bis
Mitte April normalerweise vier bis sechs Eier, ein Gelege kann aber auch
aus bis zu zwölf Eiern bestehen. Die ovalen Eier sind anfangs
weiß gefärbt, beim Brüten färben sie sich leicht
gelblich oder bräunlich. Die Eier sind deutlich größer
und schwerer als ein Hühnerei. Sie werden vom Weibchen allein
bebrütet. Das Männchen vertreibt in dieser Zeit energisch alle
Störenfriede. Die Brutdauer beträgt vier Wochen. Die
Küken sind Nestflüchter, sie kehren aber immer wieder zum Nest
zurück, bis das letzte Junge geschlüpft ist. Die jungen
Graugänse sind erst nach knapp zwei Monaten flugfähig.
Graugänse wurden schon im Altertum als Nutzvögel auf den
Bauernhöfen gehalten. Viele heutige Wildpopulationen stammen von
ehemaligen Nutztierpopulationen ab. Im Winter ziehen die Graugänse
in südöstliche Richtungen bis nach Vorderasien. Graugänse
werden durch Jagd und durch den Verlust der Feuchtgebiete bedroht. Bei
den Brut-, Rast- und Schlafplätzen sind sie relativ
störanfällig. Daher müssen die Lebensräume gut vor
Störungen geschützt werden. Fuchs, Seeadler und Möwen
zählen zu den natürlichen Feinden der Graugans. Konkurrenten
am Brutplatz sind der Höckerschwan, der Kormoran und andere
Gänsearten. Eine Graugans erreicht im Normalfall 15 bis 17 Jahre,
sie kann aber auch über 20 Jahre alt werden. Eine Generation dauert
etwa sieben Jahre.
Bilder zur Graugans